Sonnenuntergang vom Wassertalkogel mit Watzespitze | © Oliver Bischof

Jubiläumstour 2023

Pitztalrunde mit Kaunergrathütte, Rheinland-Pfalz-Biwak und Mainzer Höhenweg

07.02.2024

Im September 2023 (04.-10.09.2023) hatten wir das unbeschreibliche Glück, die spektakulären Höhenwege und Grate des Pitzals in einer Woche mit perfektem Kaiserwetter zu erwandern und zu erklettern.

Cottbuser Höhenweg, Madatschjoch, Hohe Geige und Mainzer Höhenweg waren die Höhepunkte der Tour. Garniert wurden sie durch unsere tolle Gruppe, ausgezeichnete Tiroler Spezialitäten auf Cottbuser, Kaunergrat-, Rüsselsheimer und Braunschweiger Hütte und gekrönt von der Nacht im Rheinland-Pfalz-Biwak auf dem 3252 m hohen Wassertalkogel.

Wie bereits in der Ausschreibung angekündigt, wollten wir auf der Tour im Jubiläumsjahr 2023 gleich mehrere Ereignisse feiern:

  • 140 Jahre DAV Sektion Mainz,
  • 50 Jahre Rheinland-Pfalz-Biwak,
  • 120-jähriges Hüttenjubiläum der Kaunergrathütte und
  • 20-jähriges Jubiläum als Hütte der DAV Sektion Mainz.

Wir feierten gemeinsam auf einer einwöchigen Tour voller spektakulärer Aus-, Tief- und Weitblicke!

Montag + Dienstag: Riffelseehütte - Cottbuser Höhenweg - Kaunergrathütte

Bei einem gemütlichen Aufstieg zum Riffelsee am Montagnachmittag wurden wir in die „Brems-Ordnung“ bei der Höhenmeterbezwingung eingeweiht (Anmerkung des Tourenleiters: langsam und mich nicht überholen). Danach war sogar Zeit für Ruhe oder kurze private Übungen der Wegfindung. Das gute Wetter ließ uns all diese Freiheiten.

Das angekündigte Abenteuer für den Dienstag hieß: Murenabgang am Cottbuser Höhenweg. Bereits auf der Riffelseehütte (2293m) ging es also um Risikobewertung per Hörensagen versus Besichtigung vor Ort mit unserem Tourenleiter Oliver. Los ging es am Dienstag mit der Reflexion des Löcherkogels im klaren und ruhigen Riffelsee - diese links liegen lassend ging es den schmalen Pfad unterhalb des Brandkogels den Cottbuser Höhenweg entlang. Der Murenabgang hatte tatsächlich einige Meter des Weges in Steillage weggerissen. Das Umgehen war aber möglich und – wie sich zeigen sollte – eine gute Übung für das, was uns diese Woche erwarten sollte. Wir konnten für den Aufstieg zur Kaunergrathütte auch einen Umweg wählen: Mit einem kurzen Kneipp-Stop im Mainzer See, auf dem Weg über das Steinbockjoch, die Steinblöcke rauf zum Westgipfel der Parstleswand (3091m).

Zusammen mit dem Weg über die Schotterfelder runter zur Kaunergrathütte (2817m) hatten wir so bei bestem Wetter einen guten Einstieg in die alpine Woche gewonnen - gekrönt vom tollen Wetter und der Gastfreundschaft der neuen Pächterfamilie Rimml-Dobler.

Text: Gergö

Mittwoch: Wechsel der Talseite - Übergang zur Rüsselsheimer Hütte

Morgens ging es über den großartig von Siegmund Dobler angelegten neuen Zustieg zum aperen Madatschjoch - ein kleiner Frühsport-Appetizer. Zurück zur Kaunergrathütte, hinab nach Plangeross und jenseits hinauf zur Rüsselsheimer Hütte.

Text: Oliver

Donnerstag: Hohe Geige

Heute stand die Gipfelerstürmung der Königin des Geigenkamms, der Hohen Geige (3393 m), auf dem Programm.

Wobei Gipfelerstürmung für meine Person wohl nicht der richtige Ausdruck war. Für den Aufstieg wählen wir den Weg über den Westgrat. Kurz nach dem Aussichtspunkt Gahwinden (2648 m) begann die Kletterei über Blockgestein und Co., bei der ich meinem Ruf als "Gratschnecke" alle Ehre machte. (Anmerkung des Tourenleiters: das ist erhebliche Tiefstapelei!) Aber auch langsam kommt man an - und auf dem Gipfel wurden wir durch einen traumhaften, wolkenfreien Rundumblick belohnt. Auch das Ziel des folgenden Tages, das Rheinland-Pfalz-Biwak, konnten wir schon in der Ferne ausmachen.

Der Rückweg verlief etwas zügiger, und wir machten Bekanntschaft mit einer 8 köpfigen Steinbockfamilie. Gegen Nachmittag konnten wir uns bei Bergsteigergetränk und Co. auf der Terrasse der Rüsselsheimer Hütte entspannen.

Text: Carolin

 

Freitag: Mainzer Höhenweg - Rheinland-Pfalz-Biwak

Vor ca. 20 Jahren war ich mit der damaligen Familiengruppe der Sektion Mainz und meinen Kindern für eine Woche erstmals auf der Riffelsee- und Kaunergrathütte im Pitztal. Damals hörte ich vom Mainzer Höhenweg und dem Rheinland-Pfalz-Biwak - eine Hüttentour, die ich gerne gemacht hätte. 2003 war der Mainzer Höhenweg aber noch eine anspruchsvolle Hochtour mit mehreren Gletscherquerungen, und ich hatte zu dieser Zeit weder die erforderliche Hochtourenerfahrung noch die notwendige Ausrüstung.

Von Gletschertour konnte bei unserer diesjährigen Jubiläumstour leider keine Rede mehr sein. Der Gletscherrückgang ist dramatisch, was die Wegführung allerdings nicht einfacher macht. Die ersten 600 Höhenmeter von der Rüsselsheimer Hütte zum Weißmaurachjoch (2953 m) waren in den noch kühlen Morgenstunden schnell zurückgelegt. Anfang August 2023 war nach starkem Gewitter der Übergang zum Puitkogelferner stark beschädigt worden, wurde aber glücklicherweise kurz vor unserer Tour wieder instandgesetzt. Trotzdem war der steile, drahtseilversicherte Abstieg nicht ganz einfach.

Auf dem Puitkogelferner kamen dann auch kurz unsere Steigeisen bzw. Grödel zum Einsatz. Der vorhandene Rest des Gletschers war aper, spaltenarm und relativ flach, trotzdem waren die Grödel hilfreich. Danach führte der gut markierte und versicherte Weg weiter über Geröllpassagen zwischen Sonnental- und Wassertalkogel und nach leichter Kletterei über den Kamm hinauf zum Rheinland-Pfalz-Biwak auf dem Wassertalkogel (3252 m).

Zum Glück war in Nähe der Biwakschachtel noch ein kleines Schneefeld vorhanden, so dass wir reichlich Wasser für Kaffee und Abendessen schmelzen konnten. Das Biwak bot für uns fünf mehr als ausreichend Platz und war sehr gemütlich. Wir genossen die traumhafte Aussicht, einen wunderschönen Sonnenuntergang, den atemberaubenden Sternenhimmel ohne Lichtverschmutzung und einen ebenso tollen Sonnenaufgang am nächsten Morgen.

Text: Erika

Samstag + Sonntag: Über die Braunschweiger Hütte ins Tal

Der Rest ist schnell erzählt: Zweiter Teil des Mainzer Höhenwegs - konstant ausgesetzt und immer wieder Klettereien im I. bis II. Schwierigkeitsgrad, zum Abschluss nochmal ein nicht zu unterschätzender drahtseilversichterter Steilaufschwung - alles von der mit ausgezeichneter Trittsicherheit agierenden Gruppe souverän gemeistert - und dann weiter zur Braunschweiger Hütte.

Gemütlicher Nachmittag, am nächsten Tag Abstieg und Heimfahrt.

Text: Oliver

Einige Höhepunkte bleiben mir besonders in Erinnerung:

  • Sieben Tage Kaiserwetter - keine Wolke am Himmel - ein enger Zeitplan wegen Nebel, Quellwolken oder drohender Wetterverschlechterung war an keinem einzigen Tag ein Thema.
  • Am ersten Tag von der Riffelseehütte aus das Rheinland-Pfalz-Biwak im Sonnenuntergang leuchten sehen - als klitzekleiner orangeroter Punkt auf der mächtigen Ostflanke des Mainzer Höhenwegs thronend.
  • Die von mir im Sommer so noch nicht erlebte Fernsicht von der Hohen Geige. Wir konnten in der hintersten Reihe am Horizont zahlreiche äußerst weit entfernte Highlights gestochen scharf identifizieren: Hochvogel im Allgäu (55 km), Kesselkogel und Rosengartenspitze in den Dolomiten (82 km), Piz Palü und Piz Bernina in der Berninagruppe (103 km). Alle konnten mit der stets sehr hilfreichen Peakfinder-App verifiziert werden.
  • Die Jubiläumstour war auf den Nachbarhütten angekündigt, und wir konnten daher ausnahmsweise geplant das Not-Biwak nutzen – ein besonderes Privileg!

So macht Bergsteigen Spaß!

Text: Oliver