Grundkurs Hochalpin, Ausbildungswoche „Fels“ (16. - 23. Juni 2018)

Grundkurs Hochalpin I in den Dolomiten

Im Oktober 2017 begann unser vierjähriger Grundkurs Hochalpinausbildung mit ein paar Theorieabenden (Karte/Kompass, alpine Gefahren) und praktischen Übungen in Knotenkunde und den Sicherungstechniken beim Topropeklettern. Acht Monate später war es dann so weit: Um die neuen Kenntnisse auch in der Praxis anzuwenden, trafen wir uns am 16. Juni frühmorgens am Bahnhof, bepackt mit großen Rucksäcken, und starteten in die wunderschöne Bergwelt der Dolomiten (Geislergruppe). Gegen 15 Uhr standen wir bereits unten am Berg und marschierten los zur Regensburger Hütte (2.040 m), die für die kommenden Tage unser Quartier sein sollte.

Am nächsten Tag übten wir bei sonnigem Wetter am ca. eine Stunde entfernten Kletterfelsen unsere erlernten Knoten Halbmastwurf und Mastwurf noch einmal, um dann, gegenseitig gesichert, mit unseren schweren Bergschuhen zu versuchen, den Fels zu erklimmen. Dies war nicht ganz so einfach und der ein oder andere hing auch mal in den Seilen.

Nach dem Abendessen hieß es ohne elektronische Hilfe – sprich GPS oder Smartphone-App – sondern nur mit Karte, Kompass und Plananzeiger den Weg auf der Karte auszuarbeiten, die Entfernungen sowie Höhenunterschiede zu messen, Pausenpunkte zu setzen und die Zeit zu berechnen, die wir für die gesamte Tour benötigen. Unser Ziel: der Piz Duleda (2.900 m) über einen Klettersteig.

In zu schnellem Tempo starteten wir am nächsten Morgen, sodass uns bereits nach 20 Minuten die Puste ausging und wir die erste Pause einlegten, um mit Blick auf das GPS-Gerät unsere Gehgeschwindigkeit zu drosseln. 400 Hm/h wollten wir im Durchschnitt gehen. Mit gemäßigterem Tempo wanderten wir steil empor bis unter die Roa-Scharte (2.616 m), weiter auf einem markierten Steig einen Geröllhang querend zu den Felsen und über den Klettersteig hinauf zum Nives-Sattel (Sela Nives, 2.737 m). Anschließend ging es auf einem ausgeprägten Steig über den breiten Rücken hinauf zum Gipfelkreuz (2.909 m). Unser Rückweg führte über schroffes, gerölliges Gelände teils steil bergab bis wir den zweiten Gipfel des Tages, Col Dala Pieres (2.729 m), erreichten und schließlich weiter durch die Pizzascharte steil abwärts.

Tag drei ließen wir wieder ruhiger angehen. Wir wanderten noch einmal zum Kletterfelsen in der Nähe der Pieralongia Hütte, übten Standplatzbau, ließen den Partner ab und holten ihn nach zum Standplatz auf flacherem Gelände. Frank und Andrea bauten einen kleinen Parcours auf, um das gesicherte Gehen an einem Fixseil im Auf- und Abstieg mit „Degengriff“ bzw. Prusik zu üben. Zum Trainingsabschluss seilten wir uns alle begeistert über einen Felsvorsprung ca. zehn Meter ab. Geübte hingen dabei auch mal kopfüber im Seil.

Am Abend hieß es dann Planen mit Karte und Kompass für die Tour zum Sas Rigais (3.025 m). Da wir eigentlich über die Ostseite aufsteigen wollten, es aber noch kleinere Schneefelder gab, erkundigten wir uns beim Hüttenwirt nach den Verhältnissen. Dieser meinte, dass bisher wegen eventueller Schneereste alle noch über die Süd-/Westseite auf- und abgestiegen seien. Wir entschieden uns dann auch für diese Variante, um kein Risiko einzugehen. Und siehe da: uns erwartete eine schöne Kletterei an gut gesichertem Fels und wenig andere Bergsteiger, da die Feriensaison noch nicht begonnen hatte. Alle kamen gut und trittsicher auf den Gipfel und nach einem tollen Rundumblick stiegen wir auf demselben Weg wieder ab.

Es war ein kompakter Wochenablauf und am nächsten Tag standen Felsklettern und Übungen mit Seil und Karabinern am Kletterfelsen unter dem Kasnapofturm an. Da es für den Nachmittag eine Gewitterwarnung gab, unterwies uns Frank ein wenig in Wetterkunde. In den Kletterpausen legten wir uns mit der 120 Bandschlinge einen Bulin für die Standplatzschlinge, übten den Standplatzbau und schauten uns bei Frank und Andrea an, wie Keile und Friends in den Fels „gelegt“ werden. Zurück in der Hütte, ging es mit Umweltbildung weiter. Ich las meinen Vortrag über Schuttpflanzen vor und Christina erläuterte uns mit vollem Körpereinsatz, was sie bei der Recherche über die Eigenschaften und das Gangbild der Hirsche so fasziniert hatte.

Wir wollten noch eine lange Wanderung unternehmen und einmal ausprobieren, ob die App auf Ralphs Smartphone die Touren genauso gut plant wie wir an den vorherigen Tagen. Die vergangene Nacht war stürmisch, und noch müde durch das Fenster- und Türengeklapper, verwechselte Frank die Kaffeekanne mit dem Tischmülleimerchen. Die Eierschalen schwammen munter auf dem Kaffee, das Gelächter war groß.

Mit leichtem Gepäck starteten wir zur Geisler-Umrundung. Als wir die Mittagsscharte passierten, gelangten wir auf der anderen Seite über eine Schutthalde in eine scheinbar andere Welt, das Villnösstal. Von der Scharte aus schauten wir auf viele Bäume im Tal, Pflanzen, Felder und Bauernhöfe mit Landwirtschaft. Im unteren Bereich querten wir Wald- und Wiesenwege, lauschten dem Vortrag von Thorsten über Flechten und stiegen zur Panascharte (2.447 m) auf. Der Ausblick Richtung Grödnertal entschädigte uns für den Aufstieg und auf der Terrasse der Troier Hütte ließen wir bei Cappuccino und Kaiserschmarrn im Liegestuhl die Seele baumeln.

Wir hatten eine erfolgreiche, lehrreiche, lustige und fast durchweg sonnige Woche und kamen voller Tatendrang für weitere Lehrstunden nach Hause. Ein großes Lob und Dank an Frank und Andrea für die vielen schönen Stunden!

Text: Irene Wasna